Quito, Ecuador, 22.10 Uhr
Trüb, 15 Grad
Spät aber doch bin ich aus dem Nebelwald zurückgekehrt. Das war ein langer Tag heute!
Gestern war der Abend noch sehr nett – ich ging nochmal in mein Bio Café, wieder war das nette Inhaber Paar zugegen. Dazu kam diesmal eine als Deutsche angekündigte Tourgruppe, die im Endeffekt Schweizer waren. Jedenfalls gab sich der Inhaber besondere Mühe und malte mit Hilfe eines Übersetzungprogramms ein Willkommensplakat auf Deutsch. Ich half ihm dann noch ein wenig, das Übersetzungsprogramm zu korrigieren, denn die Sätze, die da rauskommen, sind wirklich oft abenteuerlich. Gesagt, getan, meinte er, dass Deutsch sehr schwierig klingt. Und außerdem müsste er, um Deutsch zu lernen, wesentlich ernster werden, weil die Sprache sich für ihn so bestimmt und streng anhört. Speziell das deutsche Deutsch kommt auch meiner Meinung nach sehr geradlinig und strikt rüber und hört sich für Leute, die es nicht verstehen, offensichtlich noch weniger charmant an als es sowieso schon klingt. Jedenfalls war das ziemlich lustig.
Heute ging es dann sehr früh los, um 7 war bereits Abfahrt. Zum Glück fuhr der Bus gleich bei mir ums Eck ab – wir waren in dem Fall eine recht nette 11köpfige Gruppe. Vor Allem sehr bunt zusammengewürfelt mit Menschen aus Australien, Neuseeland, England, Irland aber auch aus nicht so alltäglichen Ländern wie Südafrika, Indonesien oder Israel – oder ich eben aus Österreich. So gab es durchaus nette Konversationen und den Austausch von Sichtweisen und Erfahrungen – wieder ein Zeichen, dass Internationalität einfach das beste Mittel überhaupt gegen Engstirnigkeit und dumpfbackigen Nationalismus ist.
Das Programm war sehr ausgiebig. Zunächst fuhren wir einmal sehr lange, rund zweieinhalb Stunden, bis wir an unserem Zielort Mindo ankamen. Mindo liegt mitten in der Nebelwaldzone, auf halbem Weg zwischen Quito und der Küste auf 1250 Metern, also viel niedriger als Quito. Somit wurde es bald wieder saftig grün und wesentlich wärmer. Immer wieder ein Phänomen hier in Ecuador. Der Nebelwald machte seinem Namen alle Ehre, es hingen hier heute wirklich den ganzen Tag die Wolken drinnen, aus denen es immer wieder nieselte und manchmal auch stärker regnete. Aber kein Problem. Zunächst gab es eine eineinhalb stündige Wasserfall Wanderung, die nicht besonders spektakulär war, es war allerdings erstaunlich, wie einfach das Bergaufgehen plötzlich ging, so viel Sauerstoff waren wir alle nicht mehr gewohnt. Danach ging es zum eigentlichen Highlight, dem Zip-Lining, das auf Spanisch lustigerweise „Tirolesa“ genannt wird. Auf 10 Kabeln schwangen wir uns quer durch den Regenwald bzw konnte man aus der Luft die herrlich grünen Baumkronen bewundern, während man am Seil befestigt über die Wipfel glitt. Mir – und allen anderen auch – machte das sehr viel Spaß, vor Allem, weil es immer wieder mit kleinen Zwischenwanderungen durch den Nebelwald verbunden war. Es ist nicht unbedingt für Adrenalin-Junkies, denen ist es wahrscheinlich zu soft, aber für alle, die gern tolle Ausblicke genießen und mal die Welt aus der Vogelperspektive betrachten wollen, etwas sehr Schönes!
Danach gab es noch Mittagessen im Ort Mindo, ehe ich noch in der Schmetterlings-Aufzucht-Station vorbeischaute, wo einem viele bunte „Mariposas“ um den Kopf schwirrten. Auch gab es dort jede Menge Kolibris zu bewundern, es werden Bananen und Gefäße mit süßem Nektar bereitgestellt, um die lustigen Vögel anzulocken. Das Schöne daran – sie leben in völliger Freiheit, denn die Station ist offen und sie können hinfliegen wo sie wollen. Durch die Nahrungsmittel kommen sie aber trotzdem in Scharen hierher, auch wenn sie schwer zu fotografieren sind, da so unruhig, sind sie doch witzig und hübsch.
Ich ließ den Besuch einer Schokoladenfabrik dann aus, es dauerte gefühlt ewig, bis wir endlich unsere Rückfahrt nach Quito antraten. Dort kamen wir dann noch mitten in den Abendverkehr und standen in einem Mega Stau, sodass wir erst um 20 Uhr, sprich 13 Stunden nach der Abfahrt, wieder an unserem Ausgangspunkt waren. Schon etwas langwierig, das Ganze!
Völlig fertig ging ich noch Abendessen zum Italiener gleich gegenüber, den ich sehr empfehlen kann – dünne knusprige Pizza mit frischen Beilagen, gutes Brot, schmackhaftes Olivenöl – nicht alltäglich hier in Ecuador!
https://pizzeriacosanostra.ec/
Ganz etwas Eigenes gibt es in Ecuador auch noch, nämlich das sogenannte „Ley Seca“, das „trockene Gesetz“. Ecuador stimmt am Sonntag in einem Referendum über 7 Verfassungsfragen ab – und vor jeder Wahl oder Referendum gilt ab Freitag für 2 Tage absolutes Ausschankverbot für Alkohol. Darauf kam ich, als ich ein Glas Wein zum Essen bestellen wollte und entsprechend aufgeklärt wurde. Weder im Supermarkt noch in Bars oder Restaurants ist Alkohol erhältlich, deshalb war es auch trotz Freitag Abend im Fortgehviertel ziemlich ruhig. Angeblich soll das Gesetz das Aggressionspotenzial reduzieren, das vor Abstimmungen von Grund auf herrscht.
Morgen habe ich mal einen „freien“ Tag ohne Programm. Hin und wieder muss man sich auch im Urlaub frei nehmen. Nachdem ich sowieso ziemlich fertig bin, werde ich je nach Wetter entweder in die Stadtparks spazieren gehen oder ansonsten in meinem gemütlichen Zimmer beginnen, an meinen Fotobüchern zu arbeiten. Jetzt sage ich mal gute Nacht!